Berichte von 02/2016

04Februar
2016

Bauchschmerzen

Ich sage immer, dass es nicht sehr viel Sinn macht sich in Australien groß Pläne zu machen. Es kann nämlich schnell mal passieren, dass man eigentlich nur in die Bibliothek gehen möchte und am Ende des Tages schläft man anstatt wie die Nächte zuvor im Auto, in einem richtigen Bett mit eigenem Badezimmer.

Ich lag also in meinem eigenen Bett, mit meinem eigenen TV und sah mir den Grand Slam der Australian Open im TV an. Doch wie ist es dazu gekommen? Ganz einfach: Ich war 5 Stunden zuvor in die Bibliothek gegangen...

Zein, ein 70 jähriger Bulgare, der in Australien lebt hatte Probleme sein Handy auf stumm zu schalten. Als er mich um Hilfe bat kamen wir ins Gespräch. Ich erzählte ihm was ich in Australien machen würde und erklärte ihm meine aktuelle Situation: Auf Jobsuche und schlafe im Auto. Er lud mich daraufhin zu sich nach Hause ein. Er besitzt ein großes Haus mit 3 ungenutzten Schlafzimmern und bot mir an, dort 2 Nächte zu verbringen. Mehr als glücklich darüber mal wieder in einem echten Bett schlafen zu können nahm ich das Angebot dankend an. Ich konnte meine gesamte Wäsche waschen und endlich mein Auto aussaugen. Zein bat mir an, dass ich, sobald ich einen festen Job hab und Lust hab in einem Haus zu wohnen, anstatt mein Geld für Hostels auszugeben, auch bei ihm wohnen könnte und ihm eine kleine Miete zahlen könnte. In dem Wissen, dass ich dieses Angebot nicht annehmen würde bedankte ich mich natürlich trotzdem für dieses. Auch wenn ich es genossen habe für 2 Tage in einem Haus zu wohnen, meine Wäsche im Garten trocknen zu lassen, TV zu gucken und überall mein Handy etc. laden zu können, ist das nicht wofür ich nach Australien gekommen bin und dessen bin ich mir sehr schnell bewusst geworden. Ich war also froh nach 2 sehr entspannten Tagen wieder zu dem etwas komplizierteren, aber definitiv auch aufregenderen Leben in meinem nun tiefenreinen Auto am Lake Coburg zurückzukehren.

Ich hatte die Zeit bei Zein natürlich produktiv genutzt und eine neue Gumtree Anzeige geschaltet (die alte hatte ja nur ein.. ja sagen wir interessantes Massage Angebot hervorgebracht). Nun aber hatte ich ein neues Angebot bekommen und da ich nun ja doch etwas vorbelastet bin was Gumtree Angebote angeht (Ich hab, glaub ich, in einem der letzteren Beiträge geschrieben, dass ich oft versuche das Gute in jedem und jeder Situation zu sehen.. falls ichs nicht geschrieben habe, hab ich es jetzt) und mich entschloss diesmal nicht unbedingt das 'Gute' darin zu sehen, war ich erstmal skeptisch. Aber, wie auch beim letzten mal, macht euch selbst ein Bild:

Ein Mann namens Mike schrieb mir bei Gumtree, dass er Leute für eine Wette bräuchte. Er würde mir 35$ die Stunde zahlen, damit ich und ein paar andere auf seinem Bauch stehen. Die Wette bestand nämlich darin, dass er 800kg auf seinem Bauch balancieren muss... ohne Scheiß. Ich habe natürlich sofort erkannt, dass dies wieder mal nur so ein krankes Angebot wie beim letzten mal sein kann, ich also das Ganze besser direkt beenden und ihm auf KEINEN FALL meine Nummer geben sollte, denn das wäre einfach nur naiv und dumm. Ich gab ihm also meine Nummer. 

Nach einem 45 min Gespräch am Telefon und einem 2 Stunden Gespräch auf dem Parkplatz am Coburg Lake, wo ich im momentan 'wohne', war ich mehr als positiv überrascht. Mike ist 50 Jahre alt, war schon immer etwas anders und selbst früher Backpacker. Er hat diese Wette schon ein paar mal gemacht (420 und 650kg) und wollte es nun das letzte mal machen. Er ist relativ wohlhabend und möchte Backpackern in Australien gerne helfen. Da der 'Job' sich lediglich auf ca. 15 Stunden insgesamt strecken wird, ist meine Jobsuche natürlich noch längst nicht vorbei. Mike war jedoch sehr beeindruckt von mir und der Art, wie ich mir alles selbst erarbeitet habe und wollte nun seine Kontakte ein bisschen spielen lassen um mir eventuell dadurch einen vernünftigen Job zu verschaffen. Am Montag geht’s dann mit dem Training für seine Wette los. Wir (Mike, 7 andere Jungs und ich) treffen uns am Strand, unterhalten uns ein bisschen und dann stehen wir auf einem Holzbrett, welches auf seinem Bauch liegt... ohne Scheiß. Und dafür bekomme ich 35$ die Stunde PLUS 20$ die er mir noch zahlen möchte, weil das 'Interview' (das Gespräch) ja so lange gedauert habe und meine Zeit ja immerhin kostbar sei... ohne Scheiß!!! 15x35 sind laut meinem Taschenrechner (als ob ich mir die Mühe machen würde das im Kopf auszurechnen) 525 Dollar.

Australien hat mir in den letzten Tagen also mal wieder gezeigt wie verrückt das Land und die Leute die drin leben sind und hat mir gleich nochmal 525 Dollar Taschengeld dagelassen. Cheers mate!

16Februar
2016

Warum nicht Schmetterlinge?!

Einen schönen guten Tag meine Freunde der gepflegten Unterhaltung!

Mein Blog wird immer populärer und ich hab in letzter Zeit viele Fragen erhalten (Autokauf, Steuernummer, etc.). Daher dachte ich mir mach ich doch tatsächlich nochmal was sinnvolles und schreibe einen Beitrag mit Tipps für Anfänger. Ein 1x1 für den Start; was habe ich falsch gemacht, was hätte ich am besten direkt anders gemacht usw., also quasi eine Liste mit nützlichen Insidertipps aus erster Hand, wie ich sie auch gut hätte gebrauchen können. Versteht mich nicht falsch, ich bin froh, dass ich so hier angekommen bin, wie ich es bin. Ich bereue keinen meiner Fehler und würde diese Erfahrungen die ich gemacht habe gegen nicht missen wollen, dennoch denke ich, dass es vielen helfen könnte.                      

Wie auch immer dieser Beitrag wird demnächst mal kommen. Aber bis dahin mal wieder ein kleines Statusupdate:

Ich lebe immer noch auf einem Parkplatz in Coburg und es gefällt mir eigentlich sehr gut. Ich habe halt keinen vernünftigen Job momentan und daher auch nicht mehr viel Geld. Allerdings ist grade dies auch mal gut, so lernt man wenigstens die kleinen Dinge (wie z.B.: Schokolade) zu schätzen. Ich denke ich mache mich ganz gut momentan in meinem minimalistischen Leben. Aber was produktives habe ich denn so in der letzten Zeit überhaupt getrieben? Nichts… naja fast nichts… aber eigentlich nichts produktives, nein. Neben ein paar hundert Bewerbungen und keiner Antwort hatte ich meinen ersten ‚Arbeitstag‘ bei Mikes Wette (siehe Beitrag: ‚Bauchschmerzen‘). Wir wollten uns um 5 Uhr in der früh am Luna Park in St Kilda treffen. Als ich dann pünktlich um 4:45 dort ankam, war ich, bis auf ein paar Leute die vom Feiern zurückkamen, ein paar Schnapsleichen und ein paar Prostituierten alleine. Nach einem kurzen Telefongespräch hatte sich geklärt, dass Mike sich verschrieben hatte und 5 Uhr Nachmittags meinte. Ich hab das natürlich eingesehen und war auch überhaupt nicht angepisst.. ich hatte ja eh nichts besseres zu tun als nach einem Wochenende am Strand viel zu wenig Schlaf um 4 Uhr aufzustehen… ja genau. Naja um 5:30 Uhr NACHMITTAGS fing dann das ‚Training‘ an. 2 Stunden haben wir (das waren neben ihm und meiner Wenigkeit noch ein Ammi, dessen Namen ich vergessen habe) uns unterhalten und danach standen wir insgesamt ca. 15 min auf seinem Bauch. Das wars. Dafür habe ich dann 105 Dollar + 20 Dollar fürs frühe aufstehen bekommen. Meine Gute Laune konnte nun also nichts mehr bremsen. Nicht mal die Huntsman Spinne die morgens auf meinem Weg zurück nach Coburg über meine Windschutzscheibe krabbelte und dann in meiner Motorhaube verschwand und mich überaus angeekelt hinterließ konnte meine gute Laune bremsen.

Kleine (oder lange, mal sehen wie kurz ich mich fassen kann. Wohl eher lang...) Randinfo zu besagter Spinne:

Nachdem ich die Huntsman gesehen hab, habe ich die Luftzufuhr von der Motorhaube in den Innenraum meines Autos geschlossen um sie davon abzuhalten in mein Auto zu kommen, zumindest auf diesen Weg. Ich bin echt kein Spinnenfan, allerdings bin ich auch alles andere als zimperlich. Den Grund für meine Paranoia werdet ihr allerdings verstehen sobald ihr einmal Huntsman Spider googled. Diese handgroße Spinne hält sich nämlich auch gerne mal unter den Sonnenblenden und den Sitzen auf, nur um dann während der Fahrt hervorkrabbeln und dem Fahrer den Schrecken seines Lebens zu verpassen. Das Gute: Die Huntsman ist nicht tötlich. Nein, ihr Biss hinterlässt lediglich eine eitrige Beule, welche nach ein paar Wochen weggeht nur um dann ein Jahr später, in etwas kleinerer Form, wiederzukommen -  und dies für ca. 6 Jahre. Nun da ich schon dabei bin kann ich euch ja auch mal von den 2 anderen Spinnen erzählen, auf die man hier in Melbourne achten sollte. Einmal ist da die Redback Spider, welche dich lediglich umbringt. Und dann gibt’s noch die Whitetail, welche deine Wundheilung stoppt bis dein Fleisch wegfault und du an der Infektion stirbst. Ich liebe Spinnen... 

Meine Reaktion

Am Wochende war das St Kilda Festival (unvorstellbarer Weise im Stadtteil St Kilda). Ein gratis(!!!) Festival mit jeder menge Live Musik und coolen und verrückten Leuten. Wir (das sind neben meiner Wenigkeit noch: Adam (Engländer), Chris (Aussie), Sebastian und Mattias (Deutsch) und später Rylan und seine Freundin Phoebe (Aussie)) sind dann zusammen Richtung Festival marschiert. Alkohol war auf dem Festival allerdings, typisch für Australien, verboten. Daher sind wir vorher mit unserem Moonshine Grappa auf einen Baum geklettert und haben dort getrunken. Immerhin ist der Baum ja nicht Festival Gelände und ehm ja nicht mal auf dem Boden und so und dann haben wir ja nichts verbotenes gemacht… ja.

Wie die Affen

War aber lustig gewesen. Bis auf die Spinnen.. scheiß Spinnen, warum nicht Schmetterlinge?!

26Februar
2016

Filmstars

Moin. Ich bin nun an einem Punkt angekommen, an dem sich für mich eine Menge verändert… nein, ich bekomme nicht meine Tage. Ich habe einen Job, einen richtigen, echten Job. Mike hat mir tatsächlich einen Job in seinem Unternehmen angeboten und ich kann jetzt eine Menge arbeiten. Ich arbeite also für Mikes Verkauf Team, habe Montag und Dienstag einen Crashkurs in Sachen Verkauf erhalten, war Mittwoch das erste mal alleine im Verkauf, habe dabei direkt die Spitzenverkaufszahl der letzten Tage getoppt und habe dann seit der Eröffnung eines neuen Ladens in einem anderem Shopping Center am Donnerstag, dort den Laden gemanaged. Ich werde momentan NICHT schwarz bezahlt und erhalte das ganze Geld natürlich nicht Bar auf die Kralle, denn das gehört sich ja nicht, man muss ja Steuern zahlen.

Mit den Steuern wird’s auch schon wieder ein wenig interessant. Ich werde nämlich aus steuerlichen Gründe eine ABN Nummer beantragen und so quasi mein eigenes Geschäft gründen. Auf diese Weise hab ich alle Vorteile, die man halt als selbstständiger Unternehmer hat. Ich kann so unter anderem Spritkosteten und sogar Camping Equitment steuerlich absetzten. Ich habe einen Anwalt, der mir dann nächstes Jahr auch meine Steuererklärungen etc. fertig macht, damit ich die schön zurück bekomme. Für alle unter euch, die auch planen nach OZ zu gehen und dort zu arbeiten: Ab Juni 2016 gibt es meines Wissens nach keine Steuern mehr zurück für Backpacker, d.h. auf alles, was ihr nach dem 31. Mai dieses Jahres verdient, werdet ihr mindestens 30% Steuern zahlen. Es hat sich für mich also mal wieder gezeigt wie wichtig es ist die richtigen Freunde zu haben und die Richtigen Kontakte zum richtigen Zeitpunkt zu überzeugen.

Ich muss gestehen ich war die letzten Wochen nicht ganz ehrlich so euch in Deutschland. Die Wahrheit ist, ich bin pleite gewesen. Ich hatte an einem gewissen Zeitpunkt nicht einmal mehr Geld für Essen. Ich habe dies mit Absicht verschwiegen, damit ihr euch zuhause keine Sorge macht oder auf die Idee kommt mir Geld zu schicken; ich möchte dies hier alleine regeln und soweit habe ich es auch geschafft. Nun verdiene ich ca. $1000 die Woche (ohne meine Provision) und kann relativ gut Leben. Ich bin trotzdem noch immer auf dem Parkplatz in Coburg und nicht in einem Hostel oder sogar einer Wohnung. Warum? Ganz einfach. Wenn man an einem Punkt angekommen ist, an dem man wirklich jeden Penny einzeln umdreht, lernt man erstmal was es wirklich heißt die kleinen Dinge im Leben schätzen zu wissen. Schokolade, Saft (an Bier gar nicht zu denken), etc. sind Dinge, die den meisten als alltäglich bzw. selbstverständlich erscheinen - sie sind es nicht. Als ich nach Coburg kam, half ich vielen, denen es so ging wie mir auch noch vor ein paar Tagen, obwohl ich selbst nicht genug Geld hatte um gut zu Leben. Ich habe ihnen dennoch geholfen, ihnen Essen und Tabak gekauft, weil ich denke, dass jeder Gefallen den man einem anderen tut, irgendwann auf dich zurück kommt – what goes around, comes around. Und genau so war es auch. Mittlerweile haben die meisten Leute auf unserem kleinen Parkplatz in Coburg einen Job und fast jeder ist aus seiner kleinen Kriese heraus. Auch wenn es mich selbst in die gleiche Situation geführt hat, bereue ich es keine Sekunde so viel von meinem letzten Geld für andere auszugeben zu haben, im Endeffekt ist es immerhin auch nur Geld.

What goes around, comes around. Mir hat es ausschließlich Gutes gebracht, meine aktuelle Situation ist einfach genial. Ich arbeite 7 Tage die Woche in einem echt nicht anstrengenden Job, komme dann am Abend mit in die Hose gestecktem Hemd nach Hause auf einen Parkplatz am See zu super netten Menschen, mit denen zusammen gekocht, gechillt, gefeiert und (mein Highlight eines normalen Wochentages) Musik gemacht wird. Mike und Kim sind Geschwister aus Israel, soweit ich weiß ist ihre Mutter Englisch und ihr Vater Deutsch, weshalb sie alle 3 Sprachen auch flüssig sprechen. Die beiden reisen nun seid 3 Monaten als Straßenmusiker durch Australien. Abends, nach dem gemeinsamen BBQ und bei 1,2,5 Feierabendbierchen packt Mike, welcher Jazzgitarre in Köln studiert und ein Gott an diesem Instrument ist, seine Gitarre aus und Kim singt, während wir anderen ‚singen‘. Ich bin leider noch nicht so gut auf der Ukulele, dass ich bei jedem Song direkt mitmachen kann, aber es wird langsam (davon abgesehen wurde mir nach ein paar makellosen Eminem Passagen eh die Rolle des Rappers zugewiesen).

Ich habe viel Spaß momentan, es ist endlich wieder eine richtig schöne Zeit und ich bin stolz zu behaupten, dass ich mal wieder etwas erfolgreich gemeistert habe, was nur sehr wenige nachvollziehen können. Mir geht’s gut.

Kiek ma an der Bosse is im Fernseh drinne

Übrigens war ich tatsächlich in den Australischen Nachrichten und dies direkt auf 2 Kanälen. Die Filmcrews von Channel 7 und 9 haben die Situation auf ‚unserem‘ Parkplatz mal festgehalten. Die beiden Links dazu sind hier:

Channel 7:

https://au.news.yahoo.com/video/watch/30858816/backpacker-commune-at-reserve-angers-residents/?cmp=st#page1 

Channel 9:

http://www.9news.com.au/national/2016/02/18/19/19/backpackers-set-up-camp-in-council-parkland-north-of-melbourne 

Wir wurden teilweise sogar tatsächlich auch wiedererkannt in unserem Park. Einen lesbisches Pärchen aus Coburg hat es sogar so gefeiert, dass sie uns eine Palette Bier geschenkt haben. Ist doch mal was. Jetzt hatte ich meine 5 Sekunden Fame im Aussie TV und was hats mir gebracht? Bier! Ich würde sagen ich hab mal wieder alles richtig gemacht, Prost.