08Oktober
2016

Es war einmal in Melbourne...

 

Moin.

Anstelle des eigentlich geplanten nächsten Beitrages über meine Männerwoche mit Flemming, gibt es zunächst noch eine kleine Story aus meinem Leben.

Manchmal glaube ich, dass ich verrückte Situationen und Erlebnisse irgendwie magisch anziehe. Dieser Blog ist der Beweis dafür.. und hier sind nur die Geschichten drin, die nicht zu abgefucked sind um meine Uhroma maßlos zu verstören. Naja, als ich nach 8 Monaten leben im Auto, mit Kangaroos die von Klippen fallen, Schlangen auf die ich versehentlich pinkle, Leuten die mir Gay-prostitutions-jobs anbieten, usw..., in ein Apartment zog, dachte ich, dass es von nun an wohl nicht mehr all zu häufig zu solchen Situationen kommen sollte.

Ok Steffen, denkst du dir, die nächste Zeit sollte sich etwas weniger spektakulär gestalten, du lebst nun ein... sagen wir mehr oder weniger geregeltes Leben und bist eigentlich sehr zufrieden damit momentan.

Und dann wachst du eines schönen Dienstag Morgens um 6 Uhr auf und denkst an nichts böses. Du hast dir den Wecker auf 6 gestellt, damit du vor der Arbeit noch in dein privates Fitnessstudio gehen kannst, danach noch schön in den Whirlpool und um 7:40 bist du an der U-Bahn (Metro) Station 'Flagstaff' um deine tägliche 35 minütige Zugfahrt zur Arbeit in dem Shopping Center zu bestreiten. Also pünktlich 7:40 an der Flagstaff Station. Durch die Check in Gates kommst du mit der elektronischen Karte, die man hier für die öffentlichen Transportmittel nutzt. Alles schön und gut. Karte gezückt, eingecheckt, Karte zurück ins Portemonnaie, Portemonnaie in die kaputte (offene) Seitentasche deine Rucksacks.. wo jeder es sehen kann du Idiot, zur Rush Hour in einer Stadt mit der gleichen Einwohnerzahl wie Neuseeland. Ihr seht wohin das führt.. oder? Im Portemonnaie, $250 Bargeld, 3 Kreditkarten, Personalausweis, Führerschein, Versichertenkarte und und und...

Und du änderst den Song den du über die Kopfhörer deines Handys hörst, bist vertieft in deine 2000 Lieder die du auf dem Handy hast, so vertieft, dass du nicht einmal den Mann bemerkst, der dir direkt entgegengelaufen kommt. Natürlich stoßt ihr zusammen und natürlich ist er, wie die meisten Aussies, der netteste Mensch und du antwortest auf seine freundliche Entschuldigung mit einem brüderlichen 'no worries mate'. Natürlich denkst du erst wieder an deine Musik bevor dir dein Unterbewusstsein auf die Sprünge hilft und dir sagt, dass du verdammt nochmal besser deine Taschen checken solltest du Idiot. Und natürlich ist dein Portemonnaie weg. Du drehst dich um und glücklicherweise siehst du den Typ. Du rennst hinter ihm her, nur um zu sehen, wie er in den nächsten Zug springt, der natürlich 5 Meter vor dir seine Türen für das letzte mal schließt. Ihr ahnt nicht wie niederschmetternd das ist.

Als ich nun also da stand, der Zug bereit abzufahren, hämmerte ich wie ein Irrer an die Scheiben und schrie, dass der Typ dort auf den ich zeige mein Portemonnaie gestohlen hat. In meiner Verzweiflung über den nun langsam abfahrenden Zug, zerschlage ich an ihm sogar meinen Regenschirm in seine Einzelteile. Als die Bahn Fahrt aufnimmt renne ich neben her und sehe grade noch wie 4 Männer plötzlich den ergreifen. Doch da ist leider das Ende des Steiges. Die U-Bahn verschwindet in den Tiefen des Melbournener Untergrundes.

Verzweifelt melde ich mich beim Service, die die Polizei kontaktieren, doch viel können die nicht tun. Ich muss mich währenddessen beeilen meinen Zug zu bekommen.

Eine halbe Stunde Zugfahrt vergeht und mit ihr meine Hoffnung mein Portemonnaie je wiederzusehen. Ich fange an nach der Nummer meiner Bank zu suchen um meine Accounts sperren zu lassen etc. als ich plötzlich angerufen werde. Flagstaff Station am Apparat. Mein Glaube in die Menschheit wurde wiederhergestellt: Einer der vier Männer, konnte dem Dieb tatsächlich mein Portemonnaie entreißen und fuhr danach zurück zur Station um es dort abzugeben. Er war ca. 70 und hat keine Kontaktinformationen oder irgendwas hinterlassen. Er hat weder Geld, noch sonst irgendwas herausgenommen. Er wollte kein Danke, kein Finderlohn oder etwas dergleichen; er wolle einfach nur das richtige tun richtete er dem Personal aus.

Ich habe mein Portemonnaie und alles darin zurück und darüber hinaus noch wieder einiges daraus gelernt. Ich passe nun definitiv besser auf meine Sachen auf, ist das eine. Aber, noch viel wichtiger: für jeden schlechten Mensch dort draußen in den Straßen der Großstadt, gibt es mindestens 4 gute Menschen, Menschen die noch bereit sind, ihre Komfortzone zu verlassen, um anderen Leuten zu helfen, um einem vollkommen Fremden zu helfen. Es zeigt mir, dass es gute Menschen gibt und wenn man nur ein bisschen Glück hat, oder laut genug seinen Regenschirm gegen die Metro donnert, kann man wieder aus einer sehr negativen Erfahrung, eine schöne, positive Erfahrung machen. Eine, von der man gerne erzählt und von der man sich vielleicht auch zur Zivilcourage inspirieren lässt.

Danke an die Leute aus Melbourne die für mich eingestanden sind und so Zivilcourage bewiesen haben! Ich wünschte ich könnte ihnen persönlich danken... naja ich bin sicher, sie wissen, dass sie an diesem normalen Dienstagmorgen, etwas nicht normales geleistet haben und ich denke, für einen ehrenhaften Mensch ist das Belohnung genug.

Ich hoffe einige von euch können aus dieser Geschichte auch etwas mitnehmen... und wenn es nur das wissen ist, dass es relativ einfach ist mein Portemonnaie zu stehlen wenn ich in meine Musik vertieft bin.

 hier noch zusammenhangslos ein Bild von mir beim Uke zocken im Flagstaff Park neben meinem Apartment